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@ -214,7 +214,7 @@ In seinem Verhör durch das US-Militär äußerte sich Albert Göring ähnlich
„As brothers, we were very close together[…]. I have no relations with him as a statesman.“\cite[12]{naraverhör}
\subsection{Stellung im Nationalsozialismus}
\subsection{Stellung im Nationalsozialismus}\label{stellung-ns}
Um die Stellung Albert Görings im Nationalsozialismus zu verstehen,
ist es hilfreich, zuerst die Stellung Hermann Görings zu betrachten.
@ -245,11 +245,12 @@ wenn auch nur indirekt.
Er bekam von Oskar Pilzer, dem Eigentümer der Filmproduktion Tobis-Sascha, ein Stellenangebot,
was vermutlich durch durch die Hoffnung der jüdischen Eigentümer motiviert war,
so einer zwanghaften Übernahme durch die Nationalsozialisten vorzubeugen.
Diese war zu befürchten, da Tobis-Sascha die größte Filmproduktionsgesellschaft war
Diese war zu befürchten, da Tobis-Sascha die größte Filmproduktionsgesellschaft Österreichs war
und von deutscher Seite ein starkes Interesse daran bestand,
auch von dieser Stellung zu profitieren, sowohl monetär als auch zu Propagandazwecken.
Der Abwendungsversuch war allerdings schlussendlich nicht erfolgreich,
da durch regulatorischen Druck Joseph Goebbels Tobis-Sascha 1937 für einen symbolischen Betrag an die deutsche Creditanstalt verkauft wurde.\cite[Vgl.][68f.]{burkehb}
da durch ein Importverbot und das Einfrieren der Konten durch Joseph Goebbels Tobis-Sascha so angeschlagen war,
dass das Unternehmen 1937 für einen symbolischen Betrag an die deutsche Creditanstalt verkauft werden musste.\cite[Vgl.][68f.]{burkehb}
Albert Göring war auch bei anderen Parteigrößen als seinem Bruder bekannt,
jedoch nicht positiv, wie im Fall von Heinrich Himmler.
@ -336,6 +337,9 @@ anders als in den meisten Fällen,
vergleichsweise gering.
Auch mit seiner Anstellung bei Tobis-Sascha verbunden war die Unterstützung bei Oskar Pilzers Flucht.
Dieser war aufgrund seines jüdischen Glaubens und der fehlenden Bereitschaft,
die Sascha-Tobis freiwillig an Goebbels Propagandaministerium zu übergeben,
im Visier der Nationalsozialisten.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde Pilzer von der Gestapo festgenommen
und an einen unbekannten Ort gebracht.
Durch das Einschalten Albert Görings konnte Pilzer noch am selben Tag ausfindig gemacht und befreit werden.
@ -357,28 +361,41 @@ worauf er sich jedoch nicht verlassen konnte.
Verschiedene weitere Akte von Nonkonformität bis Widerstand
finden sich bei Albert Görings Umgang mit den Arbeitern im Pilsener Škoda-Werk.
Dort wurde er eingestellt, nachdem Bruno Seletzky, Exportleiter für den Balkan, ihm sein Vertrauen aussprach
% des musste anders machen
und sich erhoffte, dass er die Gerüchten zufolge geplante Auflösung Škodas durch die Reichswerke Hermann Göring AG stoppen kann.
Nach seiner Anstellung konnte er sich erfolgreich für ein Weiterbestehen der Firma einsetzen
Dort wurde er eingestellt, nachdem Bruno Seletzky, Exportleiter für den Balkan, ihm sein Vertrauen aussprach.
Dadurch erhofften sich Seletzky und die tschechische Führung,
der Auflösung Škodas durch die Reichswerke Hermann Göring AG,
die Gerüchten zufolge geplant war,
entgegenzuwirken.
Nach seiner Anstellung konnte er sich tatsächlich erfolgreich für ein Weiterbestehen der Firma einsetzen
und viele tschechische Interessen gegen den deutschen Einfluss verteidigen,
der bis kurz zuvor durch die Durchsetzung der Firmenleitung mit deutschem Personal vorherrschte.
Im Škoda-Werk gab es einige Dissidenten, die Sabotageakte oder Widerstand übten,
die Albert Göring auf vielfache Weise unterstützte.
Einer von ihnen war der eben schon genannte Bruno Seletzky, dessen Flucht in die Schweiz Göring später organisierte.\cite[Vgl.][115 117]{burkehb}
Auch Josef Charvát, den er durch Dissidenten innerhalb Škodas kennenlernte
Auch Dr. Josef Charvát, den er durch Dissidenten innerhalb Škodas kennenlernte
und der aufgrund seiner Leitung der als illegal eingestuften Pfadfinderorganisation Junák
im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war,
half Albert Göring dabei, freizukommen.\cite[Vgl.][122]{burkehb}
half Albert Göring dabei, freizukommen.
Dies erreichte er durch das Senden eines absichtlich missverständlichen oder täuschenden Briefes,
der bereits in \ref{stellung-ns} thematisiert wurde,
an den Dachauer Lagerkommandanten,
in welchem er die Freilassung Charváts forderte.
Ohne Görings Absicht und Wissen, rettet er dabei zwei Gefangene,
da in Dachau zu der Zeit zwei Häftlinge mit dem Namen Charvát inhaftiert waren
und der Lagerkommandant nicht wusste, welchen er entlassen sollte.
So kamen durch diese Aktion der Arzt Charvát und der Kommunistenführer\cite[Vgl.][2]{spörlgl} Charvát frei.\cite[Vgl.][122]{burkehb}
Die wahrscheinlich größte Rettungsaktion Albert Görings ist gleichzeitig seine letzte
und eindeutig dem Widerstand zuzuordnen.
Nachdem er immer mehr über die Vorgänge in den Vernichtungslagern erfahren hatte
und sich selbst Vorwürfe bezüglich der zu geringen Ausmaße seiner vergangenen Rettungen machte,
plante er eine Befreiung vieler Häftlinge des KZ Theresienstadt.
Dies war möglich, da er in seiner Position als Škoda-Mitarbeiter mit acht Lastwagen zu diesem fuhr
und den Lagerkommandanten um Arbeiter, die Škoda bräuchte, bat.
Diese vermeintlichen Arbeiter nahm er allerdings nicht mit in die Škoda-Werke,
Dies war möglich, da er in seiner Position als ranghoher Škoda-Mitarbeiter mit acht Lastwagen zu diesem fuhr
und den Lagerkommandanten um Arbeiter für das Škoda-Werk bat.
Dieser gewährte die Bitte auch, vermutlich mit dem Hintergedanken,
sich so vor Konsequenzen nach dem abzusehenden Kriegsende schützen zu können,
womit er allerdings ein Todesurteil nicht umgehen konnte.
Die vermeintlichen Arbeiter nahm Göring allerdings nicht mit nach Pilsen,
sondern ließ sie in einem nahe gelegenem Wald frei.\cite[Vgl.][166]{burkehb}
Spätestens nach dieser Aktion waren die schon seit 1939 bei der SS und Gestapo über ihn vorliegenden Beweise\cite[Vgl.][128]{burkehb} zu umfangreich,
@ -397,13 +414,6 @@ Damit war seinen Widersachern trotz der missglückten Verhaftungen ihr Hauptanli
\section{Fazit}
% abwägen und argumentieren
% ja, weil risiko unnötig (erst im fazit checken!!!)
% keine neuen fakten
% historisch nicht zweifelsfrei sagbar auf grundlage der infos
% gut relativ zu hermann bzw. absolut
% auf blick sieht er gut aus
Will man nun die Frage klären, ob Albert Göring der „gute Göring“ ist,
so lässt sich dies historisch nicht zweifelsfrei sagen,
@ -411,6 +421,8 @@ da die Informationen hierfür nicht ausreichen.
Beispielsweise widersprechen sich teilweise die vorhandenen Informationen je nach Quelle,
wie im oben genannten Fall der Unterschrift mit „(Hermann) Göring“,
wozu Ernst Neubach und Christine Schöffel unterschiedliche Aussagen machen.
Daher kann sich im Folgenden auch nur auf die bekannten Informationen berufen werden
in der Annahme, dass diese korrekt sind.
Auch ist es wichtig zu unterscheiden, ob das „gut“ relativ zu seinem Bruder gemeint ist
oder sich auf die gesamte Gesellschaft bezieht.
Diese beiden Fälle dürfen nicht vermischt werden,
@ -440,17 +452,26 @@ der seinen Moral- und Gesellschaftsvorstellungen in fast schon naiver Weise folg
Auch das Festhalten an seinem Nachnamen spricht für diesen Idealismus.
Dies widerspricht der Möglichkeit, Albert Göring hätte die Rettungen nur durchgeführt,
um diese Taten nach dem Krieg in einem Prozess als strafmildernd anführen zu können um ein milderes Urteil zu erhalten.
Wäre dies der Fall gewesen, hätte er viele Risiken nicht eingegangen,
die dafür nicht notwendig gewesen wären.
Wenn man dies nämlich annimmt, dann hätte Albert Göring viele Risiken gar nicht eingehen müssen,
da diese nicht notwendig gewesen wären, um diesen Eindruck zu erwecken.
Daher erscheint es auch glaubwürdig, dass er Verfolgten tatsächlich aus einer
„humane and religious duty“ \cite[10]{naraverhör} und nicht nur aus Opportunismus half.
Will man allerdings vollständig historisch korrekt sein,
wie es beispielsweise für die Gedenkstätte \textit{Yad Vashem} und deren Titel \textit{Gerechter unter den Völkern} notwendig ist,
muss man die schlechte Lage der Informationen berücksichtigen.
Ist allerdings die vollständige historische Korrektheit von außerordentlicher Relevanz,
wie beispielsweise bei der Verleihung des Titels „Gerechter unter den Völkern“ durch die Gedenkstätte Yad Vashem,
kann man nicht die Korrektheit aller vorliegenden Informationen annehmen,
sondern muss die schlechte Lage dieser berücksichtigen.
Der Gedenkstätte liegen keine Primärquellen vor, die für außergewöhnliche Risiken sprechen,
denen Albert Göring ausgesetzt gewesen sein sollte,
wodurch sich dessen „Gutheit“ nicht zweifelsfrei belegen lässt.\cite[Vgl.][]{wineryadvashem}
Sollten keine weiteren Primärquellen über Albert Görings Taten gefunden werden,
was im Anbetracht der langen Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu vermuten ist,
ist diese Schlussfolgerung die einzig mögliche,
die den kompletten historischen Kontext berücksichtigt.
Abschließend lässt sich sagen, dass man im Alltag Albert Göring ohne ein schlechtes Gewissen als gut bezeichnen kann.
Allerdings sollte auf den Anspruch der absoluten historischen Korrektheit verzichtet werden,
da Albert Görings Person bei Wahrung dieser mit den aktuell bekannten Quellen nicht zweifelsfrei bewertbar ist.
% appendix
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